Teil 3: Wohnraumversorgung - Was können natürliche Baustoffe bewirken?
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Wohnraumversorgung
- Teil 1: Wohnraumversorgung – Hintergründe und Zusammenhänge
- Teil 2: Wohnraumversorgung - Klimaverträgliches Bauen
- Teil 3: Wohnraumversorgung - Was können natürliche Baustoffe bewirken?
- Teil 4: Wohnraumversorgung - Das Prinzip „Lego“: Rezyklierbarkeit und Kreislaufwirtschaft
- Teil 5: Wohnraumversorgung - Wohnfläche und Suffizienz – Wie viel ist genug?
- Teil 6: Wohnraumversorgung - Wo Märkte sinnvoll sind (und wo nicht)
- Teil 7: Wohnraumversorgung - Wohnungspolitische Instrumente und Eigentumsverhältnisse in Deutschland
- Teil 8: Wohnraumversorgung - Warum wir einen umfassenden kulturellen Wandel benötigen
- Teil 9: Wohnraumversorgung - Warum Wohnraum immer auch emotional ist
- Teil 10: Wohnraumversorgung - Unser „Neschtle“ oder die Transformation im Tun
Ob ein Baustoff als ökologisch bezeichnet werden kann oder nicht, hängt von vielerlei Faktoren ab. Manchmal ist dies erst mit Blick auf den Einzelfall möglich. Ein paar generelle Aussagen lassen sich aber trotzdem treffen.
Welche Baustoff-Arten gibt es?
Man kann Baustoffe in mineralische und organische Materialien unterteilen. In den meisten Fällen sind organische Materialien ökologisch im Vorteil, da sie erstens nachwachsen können und zweitens während ihrer Entstehung CO2 aufnehmen. Bei einer Verwendung als Baustoff bleibt dieses CO2 anschließend in dem Gebäude gespeichert. Zumindest in der Theorie können Gebäude also auch CO2 speichern, anstatt einen großen Emissionsrucksack mit sich zu tragen.
Die Realität sieht leider meist anders aus. Viel zu oft werden noch große Mengen an mineralischen Baustoffen verwendet und natürlich benötigt jeder Bau eines Gebäudes große Mengen an Energie, welche nach wie vor zu einem großen Teil aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird. Doch das Angebot an organischen Baustoffen wächst.
Ist Holz immer der bessere Baustoff?
Auch wenn ein Bau aus Holz mit großer Sicherheit deutlich weniger schädlich ist als ein Gebäude aus Stahl-Beton, gilt es auch beim Bauen mit Holz einiges zu beachten. Zum einen muss sichergestellt werden, dass das Holz aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammt, um eine Abholzung der Wälder zu vermeiden. Zum anderen sollte es möglichst aus regionalen Wäldern stammen und die Verarbeitung ebenfalls regional stattfinden, um lange Transportwege zu vermeiden. Hinzu kommt die Vermeidung umweltschädlicher und giftiger Leime. Hier gibt es bereits verschiedene Akteure, welche komplett leimfreien Holzbau anbieten.
Der letzte Schritt ist dann, den Holzbedarf selbst zu minimieren, indem weniger wertvolle Materialien, wo immer möglich, das Holz ersetzen. Ein gelungenes Beispiel hierfür ist der Strohballenbau der Grünspecht eG aus Freiburg. Die Wände der Grünspecht-Gebäude bestehen anstatt aus Massivholz aus einem schlanken Holzrahmen, in den Ballen aus verpresstem Stroh eingefügt und anschließend mit Lehm verputzt werden. Der Holzbedarf wird dadurch deutlich verringert und ein günstig verfügbares Restprodukt aus der Umgebung sinnvoll genutzt.
Reicht denn das Holz, wenn nun alle mit Holz bauen?
Diese Frage haben wir in den letzten zwei Jahren häufig gehört. Die Antwort fällt ambivalent aus. Einerseits wächst die Holzmenge für ein Einfamilienhaus in Massivholzbauweise allein auf den Waldflächen in Bayern in nur einer Minute nach1, andererseits wird seit einigen Jahren mehr als der „nutzbare Zuwachs“ aus den deutschen Wäldern entnommen. Dies liegt unter anderem an einer Ausweitung von Schutzgebieten, wodurch der sogenannte nutzbare Zuwachs verringert wurde. Zudem gab es in den letzten Jahren starke Waldschäden durch Sturm, Trockenheit und Insektenbefall - dann wird das Holz unabhängig vom nutzbaren Zuwachs entnommen, da die Bäume ohnehin bereits abgestorben sind2.
Wir würden daher folgendermaßen antworten: „Wenn in gleichem Umfang wie bisher weitergebaut wird, nur eben aus Holz anstatt aus mineralischen Baustoffen, werden wir die Wälder übernutzen und wieder ökologische Krisen auslösen. Dies darf aber keinesfalls den Blick darauf versperren, dass der heutige Verbrauch von Zement ökologische Krisen in viel größerem Ausmaß erzeugt. Sand, der Grundstoff für Zement, ist bereits heute übernutzt3. Zudem ist Zement bzw. Beton für einen großen Teil der CO2-Emissionen verantwortlich, (siehe Teil 2 der Serie) während Holz sogar potenziell CO2 speichern kann.
Gibt es außer Holz noch andere ökologische Baustoffe?
Selbstverständlich! Die Möglichkeit den Holzbau durch Strohballenwände zu ergänzen haben wir bereits genannt. Es ist auch möglich ein Gebäude ganz aus Strohballen zu bauen, man spricht dann vom sogenannten „lasttragenden Strohballenbau“. Dieser ist in Deutschland allerdings bisher nur für einstöckige Gebäude erlaubt. Auch aus Lehm können ganze Gebäude errichtet werden. Lehm ist zwar ein mineralischer Baustoff und speichert kein CO2, trotzdem ist seine Umweltbelastung gering: Die Herstellung von Lehm benötigt nur wenig Energie und Lehm ist fast überall verfügbar. Lehm könnte damit ein wichtiger Baustoff der Zukunft werden. Die dafür notwendige industrielle Fertigung gibt es aber leider noch kaum4.
Noch überwiegend im Versuchsstadium befindet sich das Bauen mit Pilzen. Erforscht wird der Werksstoff aber intensiv. Bereits heute gibt es Platten für den Innenausbau oder Dämmstoffe auf Pilzbasis. Dirk Hebel, Professor für Entwerfen und Nachhaltiges Bauen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) glaubt, dass bald ganze Gebäude aus Pilzmyzel entstehen werden5. Dies könnte aus Klimasicht eine wirklich gute Nachricht sein, da auch Pilze große Mengen CO2 speichern.
Mit dem Einsatz ökologischer Baustoffe ist schon ein großer Schritt in Richtung ökologisches Bauen getan, für ein wirklich enkeltaugliches Bauen müssen wir jedoch über die Lebensdauer des Gebäudes hinausdenken und auf die Wiederverwendbarkeit der Materialien achten. Wie das funktionieren kann und was es bereits für Ansätze gibt, zeigen wir euch im nächsten Teil der Serie.