Wie sind die Umweltauswirkungen unserer Bautätigkeiten?
Autor/in
Datum
Schlagworte
Bauen & Klima
- Wie sind die Umweltauswirkungen unserer Bautätigkeiten?
- Klimakiller Bau: Unsere Recherche
- Die nestbau AG auf dem Holzweg
Schon lange beschäftigt uns die Frage nach den Umweltauswirkungen unserer Bautätigkeiten. Unser Werkstudent Markus Buckenmayer hat hierzu über einen längeren Zeitraum recherchiert und Vergleichswerte anhand unseres Projektes in Hirschau errechnet.
Exemplarische Analyse des Gebäudes der Eigentümergesellschaft „Zuhause in Hirschau“
Die nestbau AG ist bestrebt, die ökologischen Auswirkungen ihrer Gebäude so gering wie möglich zu halten. Da ein Gebäude schon während der Bauphase große Umweltwirkungen ausweist, hat die nestbau AG exemplarisch das in 2019 fertiggestellte Gebäude in Hirschau auf dessen Umweltwirkung hin analysiert. Es handelt sich um ein dreistöckiges Wohnhaus mit einer ambulant betreuten Pflege-Wohngemeinschaft im Erdgeschoss, welche im Eigentum der nestbau AG steht, sowie sieben Wohnungen in Ober- und Dachgeschoss. Es bietet Platz für ca. 30 Personen.
Die Vorgehensweise
Im ersten Schritt wurden die ökologisch relevanten Baustoffe festgelegt und deren Massen für das Referenzgebäude ermittelt. Im Idealfall konnte ein Abgleich zwischen den aus Detailplänen des Gebäudes errechneten und durch Angaben der entsprechenden Handwerker erhaltenen Werte durchgeführt werden. In einigen Fällen ließ sich eine Masseabschätzung jedoch nur auf einem der beiden Wege ermitteln.
Im nächsten Schritt wurden für die Baustoffe das globale Erwärmungspotential und die nicht erneuerbare Primärenergie als relevante Umweltindikatoren festgelegt. Über die entsprechenden Datensätze der Ökobaudat konnten für diese beiden Indikatoren Gesamtwerte für das Referenzgebäude ermittelt werden.1
Die Datensätze gehen von einer Gesamtlebensbetrachtung aus, d. h. es wird auch ein eventueller Energiebedarf für die spätere Abfallbehandlung oder eine Energierückgewinnungsmöglichkeit durch Recycling oder thermische Verwertung eines Baustoffes berücksichtigt. Aufgrund vorhandener Diskrepanzen zwischen Handwerkerangaben und den aus den Plänen errechneten Massen für einige Baustoffe sowie gewisser Unsicherheiten bezüglich des exakt verwendeten Werkstoffes wurde ein Vergleich zwischen „Best Case“ (geringstmögliche Umweltwirkung) und „Worst Case“ (höchstmögliche Umweltwirkung) erstellt.
Die Ergebnisse
Zunächst haben wir die Aufstellung der einzelnen Gebäudebestandteile nach dem globalen Erwärmungspotential aufgelistet und zusammengefasst:
Tabelle 1: globales Erwärmungspotential des Gebäudes in Hirschau
Wie in Tabelle 1 zu sehen, ergibt sich für das globale Erwärmungspotential (GWP) im besten Fall ein Wert von 232 Tonnen CO2-Äquivalenten und 274 Tonnen CO2-Äquivalenten im schlechtesten Fall. Dies entspricht derselben Umweltwirkung wie 98.000 bzw. 115.000 Liter Benzin.2 Ein PKW mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 7 l pro 100 km könnte damit ca. 1,4 bzw. 1,65 Millionen Kilometer zurücklegen.
Tabelle 2: nicht erneuerbare Primärenergie Tübingen-Hirschau
Bei der nicht erneuerbaren Primärenergie ergibt sich für das Gebäude ein Wert von 1.739 Gigajoule im besten und 2.025 Gigajoule im schlechtesten Fall (siehe Tabelle 2). Dies sind ca. 483.000 bzw. 563.000 Kilowattstunden, was dem jährlichen Stromverbrauch von 114 bzw. 132 durchschnittlichen 4-Personen-Haushalten entspricht.3
Der nestbau AG ist bewusst, dass die beiden errechneten Indikatoren nicht die gesamten Umweltwirkungen eines Gebäudes abbilden. Fragen der Ressourcenknappheit oder der Bodenversauerung bleiben beispielsweise offen, das Recyclingpotential wird nur teilweise abgebildet4. Trotzdem können die Indikatoren als Vergleichsgrößen bei einer ersten ökologischen Einschätzung alternativer Baustoffe genutzt werden.
Die Konsequenz
Beide Aufstellungen zeigen eindeutig, wie problematisch die Baustoffe Beton bzw. Porenbeton sind. Als Alternative käme für uns Holz in Frage. Daher sei als Beispiel exemplarisch der Vergleich von Beton und Holz gerechnet:
Die Ökobaudat gibt für 1 m³ Beton C25/30 ein globales Erwärmungspotential (GWP) von 202 kg CO2-Äquivalenten an. Dagegen hat 1 m³ Konstruktionsvollholz bei thermischer Verwertung ein deutlich geringeres GWP von 54,75 kg CO2-Äquivalenten. Während der Nutzungsphase eines Gebäudes fungiert Holz sogar als CO2-Speicher und kommt somit auf ein negatives Erwärmungspotential.
Erst durch die thermische Verwertung nach der Nutzungsphase wird das gebundene CO2 freigesetzt, liefert dabei aber noch Heizenergie. Bei mineralischen Baustoffen ist das Erwärmungspotential bezogen auf die Herstellungs- und Bauphase schlechter als in der Gesamtlebensbetrachtung, da der Großteil der Emissionen während der Herstellung entsteht. Über die Recyclingprozesse kann meist nur ein kleiner Teil der zuvor emittierten Klimagase kompensiert werden.
Auch bei der Energiebetrachtung erscheint Holz vorteilhaft. Für 1 m³ Beton werden auch nach Abzug des Recyclingpotentials noch 1.000 Megajoule im gesamten Lebenszyklus benötigt. Im Gegensatz dazu würde 1 m³ Holz bei thermischer Verwertung sogar noch gut 2.000 Megajoule Energie netto liefern. Der Vergleich von Holz und Porenbetonsteinen, welche für das Mauerwerk des Referenzgebäudes verwendet wurden, fällt für beide Indikatoren noch deutlicher zu Gunsten von Holz aus.
Es zeigt sich durch die Analyse, dass der vermehrte Einsatz von Holz als Baustoff zu einer signifikanten Reduktion der ausgestoßenen CO2-Äquivalente und der benötigten nicht erneuerbaren Primärenergie eines Gebäudes führen würde. Dies ist insbesondere der Fall, wenn es gelingt, durch Holz die bei konventioneller Bauweise verwendeten Stahlbetonkonstruktionen und das Mauerwerk zu ersetzen. Hinzu kommt, dass auch das Recyclingpotential von Holz deutlich höher ist und es sich – bei entsprechend nachhaltiger Bewirtschaftung – um einen nachwachsenden Rohstoff handelt.
Die nestbau AG hat sich aus diesem Grund zum Ziel gesetzt, bald ein erstes Haus in Holzbauweise zu realisieren. Wir haben uns dafür unser Projekt in Tübingen-Pfrondorf ausgesucht, wo wir dazuhin begleitend noch eine direkte CO2-Untersuchung durchführen lassen werden.
Inzwischen sind auch Teil 2 und 3 dieser Artikelserie online:
Fußnoten
- Die Ökobaudat ist eine Datenbank des Bundesinnenministeriums für die Ökobilanzierung von Gebäuden. Um den Aufwand in vertretbarem Rahmen zu halten, wurden die für das Referenzgebäude passendsten Datensätze verwendet, auch wenn diese nicht exakt zutreffend sind. Zum Beispiel ist der nestbau AG die Herkunft des verwendeten Baustahls nicht bekannt. Der verwendete Datensatz gilt strenggenommen aber nur für einige ausgewählte, europäische Stahlwerke. Es kann also nicht von einer Ökobilanzierung im wissenschaftlichen Sinne gesprochen werden. zurück nach oben
- Es werden 2,3 kg CO2-Äquivalente pro Liter Benzin angenommen. zurück nach oben
- Es werden 4.250 kw/h pro Jahr angenommen. zurück nach oben
- Da es sich bei der Dämmung um Zellulose (Altpapier) handelt, ist die Dämmung während der Lebenszeit des Gebäudes ein CO2-Speicher und hat daher trotz der Emissionen bei der Herstellung erst einmal eine negative CO2-Bilanz (A1-A3), siehe Datensatz der Ökobaudat. Bei einer ganzheitlichen Betrachtung inklusive des Entsorgungsaufwands relativiert sich dieses Speicherpotential, da bei der Abfallbehandlung bzw. Verbrennung wieder entsprechende CO2-Emissionen entstehen (C3). Da durch die thermische Verwertung zum Teil fossile Energieträger der regulären Energieversorgung ersetzt werden können, bekommt der Rohstoff noch eine entsprechende CO2-Gutschrift (D). Letztlich führt diese Gutschrift zu dem negativen Wert. Geht man davon aus, dass das Material einfach verrottet, ist diese Gutschrift hinfällig und der Gesamtwert für die Dämmung wäre 30 kg CO2-Äquivalente höher und damit positiv. Bei der Betrachtung der nicht erneuerbaren Primärenergie ist die Gutschrift für die thermische Verwertung ebenfalls der Grund für den negativen Wert. zurück nach oben