Die Finanzialisierung des Wohnungsmarktes
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Anfang November erschien die Studie „Rendite mit der Miete - Wie die Finanzmärkte die Wohnungskrise in Deutschland befeuern“ der Bürgerbewegung Finanzwende. Die Studie beschäftigt sich mit der Finanzialisierung des Wohnungsmarktes, den Auswirkungen dieses Trends und was man dagegensetzen kann. Wir fassen zusammen.
Wer bestimmt den Wohnungsmarkt?
Wohnkonzerne, die nach den Regeln der Finanzmärkte spielen, haben kein Interesse am Neubau von Wohnungen. Eine neue Studie von der Bürgerbewegung Finanzwende zeigt, dass sie sogar von Knappheit profitieren. Börsennotiere Konzerne wollen vor allem hohe Gewinne erwirtschaften und nicht Wohnraum für Menschen schaffen. Der Begriff der Finanzialisierung soll zeigen, dass die großen Wohnkonzerne immer mehr nach den Regeln der Finanzmärkte agieren und nicht nach den Interessen des Gemeinwohls bzw. der Mietenden (Quelle: Die ZEIT).
Wie kam es soweit? Große Teile des Wohnungsmarktes, die früher nicht vom Auf und Ab der Finanzmärkte betroffen waren, wurden durch die Finanzialisierung zum Anlageprodukt. Zwischen 2009 und 2020 ist das Gesamtvolumen der Kapitalanlagen in Wohnimmobilien in Europa um fast 700 Prozent auf über 60 Mrd. Euro gestiegen.
Neubau gehört nicht zum Geschäft
Mit Neubau verdienen die Unternehmen nicht genug. Daher lassen sie es momentan ganz bleiben, wo doch der Wohnungsmarkt durch hohe Zinsen und steigende Baukosten in einer Krise steckt, so die Autoren der Studie. Der Wohnungsmangel sorgt indes wieder für steigende Mieten. Ebenso herausragend und aufklärend ist die Abschöpfungsquote der Unternehmen: Von jedem Euro Mieteinnahme der untersuchten Unternehmen flossen im Jahr 2021 ganze 41 Cent in Form von Dividenden an Aktionärinnen.
Wohnungen kaufen, statt neue zu bauen
Um die Ausschüttungen möglichst hoch zu halten, strebten die börsennotierten Wohnungsunternehmen stärker als andere Anbietergruppen am Wohnungsmarkt in den vergangen zwei Jahrzehnten nach Expansion und großen Marktanteilen. Während landeseigene Wohnungsunternehmen in den letzten Jahren fast immer so viele Wohnungen gebaut wie gekauft haben, hat Vonovia in den Jahren 2017 bis 2021 für jede gebaute Wohnung 99 Wohneinheiten aufgekauft. Die Zahlen zeigen: Auch künftig werden börsennotierte Wohnungsunternehmen keine Hilfe beim Bau neuer Wohnungen sein.
Nicht vereinbar mit gesellschaftlichen Zielen
Die Shareholder-Value-Orientierung führt dazu, dass die Unternehmen weniger investieren und somit auch nicht die sozialen und ökologischen Ziele der Gesellschaft erfüllen. Diese Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt führt zu einem sozialen Zerwürfnis und erheblichen Zielkonflikten innerhalb der Gesellschaft, immerhin wohnen die Hälfte der Deutschen zur Miete.
Wie dagegen steuern?
Die Studienautoren fordern eine strengere Regulierung vor allem von Private Equity und ihren Immobilienfonds, außerdem solle die Wohngemeinnützigkeit und das kommunale Vorkaufsrecht wieder eingeführt werden.