Neues Heizen mit Strom? - So funktioniert das Energiekonzept von Prof. Leukefeld
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Eine Kombination aus Technik und Ausnutzung der natürlichen Begebenheiten führt zum Erfolg
Um Missverständnissen gleich vorzubeugen – Herr Leukefeld bezeichnet die Infrarotheizung nicht als umfassende Lösung der Energiewende, sondern als ein Baustein in einem ganzheitlichen Energiekonzept. Keine Technik allein kann die Lösung bringen. Stattdessen komme es auf eine intelligente Kombination verschiedenster Faktoren an:
- Eine entsprechende günstige Dachausrichtung, idealerweise in Nord-Süd-Richtung. Auf diese Weise wird die PV-Anlage auf eine möglichst hohe Eigendeckung hin optimiert. Zum Teil lassen sich weitere Solarmodule an der Fassade und/oder den Balkonen anbringen.
- Eine möglichst große Speichermasse im Gebäude, welche durch die Infrarotstrahlung aktiviert werden kann. Herr Leukefeld verwendet für seine Projekte gerne dicke Ziegelwände. Diese nehmen Wärme auf und speichern diese ähnlich wie ein Kachelofen.
- Eine umfassende Dämmung des Gebäudes, um die Heizlast gering zu halten.
Das Problem der Sonnenenergie – Stromerzeugung und Strombedarf fallen auseinander
Die große Schwierigkeit solarbetriebener Energiekonzepte ist das zeitliche Auseinanderfallen von Energieerzeugung und Energieverbrauch. Wenn die Sonne scheint, wird meist wenig Energie verbraucht und zur Verbrauchsspitze gibt es die geringsten Sonnenzeiten. Eine Speicherung der solaren Überschüsse ist daher enorm wichtig. Diese schützt das Stromnetz vor Überlastung und verringert die Abhängigkeit von nicht erneuerbarem Netzstrom. Ziel ist es, den Anteil von zugekauftem Strom so gering wie möglich zu halten.
Um dies zu erreichen, hält Herr Leukefeld einen Elektro-Speicher für unumgänglich. Auf die verbaute Lithium-Ionen-Batterie kann leider nach heutigen Stand der Technik noch nicht verzichtet werden. Aufgrund der ökologischen und sozialen Verwerfungen, welche beim Lithium-Abbau entstehen, ist dies ganz klar der problematische Punkt des Konzepts. Fortschritte zum Beispiel in der Entwicklung von Salzwasser-Batterien machen aber mittelfristig Hoffnung auf eine umwelt- und sozialverträgliche Lösung.
Low-Tech-Lösungen & E-Mobilität ergänzen herkömmlichen Stromspeicher
Der Stromspeicher im Keller wird ergänzt durch ein Elektroauto, welches idealerweise als TeilAuto allen Mietern zugänglich ist. Dieses fungiert als „zweiter Speicher“ und kann mit den Überschüssen aus der Photovoltaik-Anlage geladen werden. Der dritte Speicher erfolgt ganz ohne Batterietechnologie: Eine dezentrale Warmwasseraufbereitung über kleine Boiler direkt im jeweiligen Badezimmer der Wohnungen fungiert als „Low-Tech“-Speicher. Aus den Überschüssen der PV-Anlage werden die Boiler automatisch erhitzt und die Energie im Wasser gespeichert. Da Infrarotheizungen Strahlungswärme verbreiten und anstatt der Luft Gegenstände erwärmen, wird zu guter Letzt das Gebäude selbst als Energiespeicher aktiviert.
Als Resultat gelingt es Herrn Leukefeld nach eigener Aussage, die zugekaufte Menge Heizstrom bei den bisher realisierten Gebäuden extrem gering zu halten. Gleichzeitig entstünde für die Vermieter ein deutlich geringer Wartungsaufwand, sowie eine entsprechende Senkung der Investitionskosten durch Verzicht auf Heizungsanlage, Messgeräte und zentralen Warmwasserboiler. Die Mieter wiederum profitierten von einer deutlich geringeren Gesamtmiete. Durch den Umstieg auf eine Pauschalmiete mit „Energie-Flatrate“ würde zusätzlich die aufwendige Nebenkostenabrechnung wegfallen. Ein Vorteil für Mieter und Vermieter gleichermaßen.
Ausblick – neue Fragen sind entstanden
Der Besuch von Herrn Leukefeld war für uns ein spannender Impuls das Thema ökologische Haustechnik weiter intensiv zu verfolgen. Inwieweit das vorgestellt Konzept für zukünftige nestbau-Gebäude eine Option darstellt, können wir Stand heute noch nicht sagen. Es sind jedoch einige Fragen entstanden, an denen wir in den nächsten Monaten weiterarbeiten wollen. Diese sind z.B.:
- Wie sicher ist es, dass der Anteil an zugekauftem Heizstrom tatsächlich gering bleibt?
- Ist das Modell einer Pauschalmiete mit den Vorschriften der Sozialgesetzgebung vereinbar, d.h. wie können damit Wohnungen an Personen mit Wohnberechtigungsschein vermietet werden?
- Ist das Energiekonzept von Herrn Leukefeld auch mit ökologischen Baustoffen, also z.B. mit Holz- oder Holz-Strohballenbau kompatibel?
Wir sind in dieser Sache auch sehr dankbar für Hinweise, Anregungen und Kritik aus dem nestbau- Unterstützerkreis.