Zu Besuch bei der Grünspecht eG in Freiburg
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Im Zuge unserer Recherche zum ökologischen Bauen entdeckten wir bereits im Jahr 2020 die Zimmerei Grünspecht eG aus Freiburg im Breisgau. Über die Expertise im modularen Bauen mit Holz hinaus haben sich die Grünspechte seit gut 2,5 Jahren auf den Holz-Strohballenbau fokussiert. Neugierig geworden, wurde Anfang des Jahres ein erstes virtuelles Kennenlernen organisiert, bei dem schnell klar wurde, dass die Ziele der nestbau AG mit der Arbeitsweise der Grünspechte gut zusammenpassen.
Ende April 2021 war es dann soweit, dass wir uns vor Ort in Freiburg mit dem Thema Strohballenbau vertraut machen konnten: Die beiden Genossenschafts-Vorstände Markus Wolf und Matthias Wörner führten uns persönlich durch die Produktionshallen und erklärten anhand der Bauteile die Fertigung:
Für die einzelnen Bauteile werden speziell zugeschnittene Strohballen in Holzrahmenwände eingepasst und fungieren auf diese Weise als Dämmung. Das Stroh bietet eine ideale Oberfläche zum Aufbringen von Lehmputz, einem weiteren natürlichen Baustoff. So kann auf verleimte OSB- und auf Putzträgerplatten (z.B. aus Mineralwolle oder Kunststoff) verzichtet werden. Das Stroh ist, ähnlich wie Holz, ein natürlicher CO2-Speicher innerhalb des Gebäudes. Hierdurch können die Konstruktionsemissionen des Gebäudes in noch größerem Ausmaß als bei einem konventionellen Holzrahmenbau kompensiert werden.
Da das Stroh unbehandelt verbaut wird, kann es nach Abriss eines Gebäudes problemlos wieder dem natürlichen Stoffkreislauf zugeführt werden. Zudem wächst es viel schneller nach als Holz und ist zum Teil ein Abfallprodukt der Landwirtschaft, das so sinnvoll weiterverwertet wird. Der Strohballenbau ist daher die konsequente ökologische Weiterentwicklung des Holzrahmenbaus.
Skeptisch waren wir zunächst bei der Frage, ob das Konzept der nestbau AG – kostengünstiger Geschosswohnungsbau – in Strohballenbauweise überhaupt realisierbar ist. Bisher hat Grünspecht hauptsächlich Einfamilien- oder kleine Mehrfamilienhäuser bis zu 3 Stockwerken realisiert. Markus Wolf und Matthias Wörner von der Grünspecht eG sind jedoch überzeugt, dass der Strohballenbau mehr kann und möchten perspektivisch ein mindestens 4-geschossiges Gebäude realisieren.
Es wurde schnell klar, dass eine Zusammenarbeit zwischen nestbau und Grünspecht für beide Seiten sehr interessant wäre. Die nestbau AG bekäme ein in höchstem Maße ökologisches Haus aus einer Hand geliefert und könnte ihrem Prinzip der möglichst regionalen Auftragsvergabe treu bleiben, während Grünspecht bei Abstimmungs- und Planungsfragen ebenfalls nur einen Ansprechpartner hätte und damit auf die oft zeitintensive Akquise und Moderation von Baugruppen verzichten könnte.
Auch kostenseitig ließ sich die anfängliche Skepsis aufgrund verschiedenster Einsparpotentiale in einem beidseitigen Optimismus auflösen. Durch einfache, funktionale und vor allem identische Grundrisse soll die notwendige Kostenersparnis ohne Qualitätseinbußen bei Materialien und Bauausführung realisiert werden. Da die bisherigen Strohballenbauten von Grünspecht ausschließlich Eigentumswohnungen sind, bei welchen spezielle Vorstellungen und Wünsche verschiedener Bauherren in einem Haus berücksichtig wurden, sind wir zuversichtlich, dass der Strohballen-Bau auf diesem Wege auch preislich konkurrenzfähig gemacht werden kann.
Der nächste Schritt ist nun, eine belastbare Machbarkeitsanalyse für ein mögliches nestbau-Projekt in Freiburg zu erstellen. Wir haben Grünspecht daher exemplarisch die Pläne des nestbau-Gebäudes in Tübingen-Hirschau für eine Kostenschätzung zukommen lassen und sind gespannt auf die weitere Entwicklung. Da wir in unserem Bestreben, ökologisch zu bauen, bereits eine Machbarkeitsanalyse für einen reinen Holzbau auf der Basis des Hirschauer Gebäudes gemacht haben, erhoffen wir uns hier die beste Vergleichbarkeit.
Wer sich genauer für die Strohballenbauweise der Grünspecht eG interessiert, findet auf deren Homepage www.bauen-mit-stroh.de einige spannende Erklärvideos. Reinschauen lohnt sich!